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Briefing

Die Novellierung des Gesetzes für den Ausbau erneuerbarer Energien (EEG 2021)

Kurz vor dem Jahreswechsel, am 17. Dezember 2020, hat der Bundestag das EEG 2021 beschlossen. Außerdem hat er einen Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen angenommen, mit dem der Bundesregierung aufgegeben worden ist, ein Konzept zur schrittweisen Absenkung der EEG-Umlage mittels eines alternativen, haushaltsneutralen Finanzierungsmodells zu erarbeiten.

Der Bundesrat billigte in der letzten Sitzung des Jahres am 18. Dezember 2020 den Gesetzentwurf, so dass die fünfte umfassende Novellierung des EEG zum 1. Januar 2021 in Kraft treten konnte. Diejenigen Bestimmungen des Gesetzes, die einen Förderanspruch ab 2021 begründen oder von den bisherigen Regelungen der Besonderen Ausgleichsregelung abweichen, dürfen erst nach beihilferechtlicher Genehmigung durch die Europäische Kommission angewendet werden. Das gleiche gilt für die Ergänzung der Amnestieregelung für Eigenerzeugungsfälle, derzufolge Elektrizitätsversorgungsunternehmen einen Anspruch auf Abschluss eines Vergleichs gegen den Übertragungsnetzbetreiber haben, wenn Streit über das Leistungsverweigerungsrechts nach § 104 Abs. 4 EEG besteht.



Überblick über die wichtigsten Neuerungen


I. Kernpunkte des EEG 2021

 

Kern des EEG 2021 ist die Erhöhung der Ausschreibungsvolumina für Windenergie, vor allem aber für Solarstrom. Solarstrom wird ein erhebliches Potential für die Energiewende beigemessen. Anders als bei Windenergieanlagen gibt es für Solaranlagen noch keine Akzeptanzprobleme. Außerdem können sie in den Verbrauchsschwerpunkten in Süd- und Westdeutschland errichtet werden und sind daher nicht auf den Ausbau der Hochspannungstrassen Nord-Süd angewiesen.
Eine weitere wichtige Neuerung ist die Privilegierung des Strombezugs für die Hersteller von grünem Wasserstoff. Die EEG-Umlage für deren Strombezug soll auf 15 % der regulären Umlage begrenzt sein oder sogar vollständig entfallen. Hierdurch soll die (grüne) Wasserelektrolysetechnologie gefördert werden.



II. Erfüllung der Klimaschutzziele durch weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien

 

Die Stromerzeugung in Deutschland soll bereits vor dem Jahr 2050 treibhausgasneutral sein. Im Jahr 2030 sollen 65 % des deutschen Stromverbrauchs aus erneuerbaren Energiequellen gedeckt werden. Zur Erreichung dieser Ziele werden der Ausbaupfad für den Kapazitätszubau und der Strommengenpfad für die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien angepasst:

  • Insbesondere die Ausschreibungsvolumina für Windenergie an Land und für solare Strahlungsenergie werden substantiell erhöht. Zum Vergleich: Sah das EEG 2017 für Windenergie an Land ein Ausschreibungsvolumen von 2.650 MW im Jahr 2021 vor, liegt dieses nach dem EEG 2021 bei 4.500 MW, es wird also fast verdoppelt. Noch stärker erhöht wird das Ausschreibungsvolumen für solare Strahlungsenergie. Nach dem EEG 2017 war für 2021 ein Ausschreibungsvolumen für 350 MW vorgesehen, das EEG 2021 erhöht dieses Volumen auf mehr als das Fünffache, nämlich auf 1.850 MW. Sowohl der Kapazitätsausbau- und der Strommengenpfad, aus dem die Ausschreibungsvolumina abgeleitet werden, als auch die Ausschreibungsvolumina selbst kann die Bundesregierung durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrats erhöhen. Voraussetzung ist, dass sich im Rahmen des regelmäßigen Monitoring zeigt, dass die Zielvorgaben des Gesetzes nicht schnell genug erreicht werden.

  • Bei der Förderung der Stromerzeugung aus solarer Strahlungsenergie werden zwei Segmente eingeführt. Segment 1 betrifft Freiflächenanlagen und Solaranlagen, die auf, an oder in baulichen Anlagen verwirklicht werden, die weder Gebäude noch Lärmschutzwände sind. In Segment 2 fallen Solaranlagen, die auf, an oder in einem Gebäude oder einer Lärmschutzwand errichtet werden. Bislang nahmen die Anlagen beider Segmente an einer einheitlichen Ausschreibung teil. Wegen der typischerweise höheren Investitionskosten für Anlagen des zweiten Segments (höherer Aufwand für Gerüste und Montage sowie für Verkabelung) waren diese kaum wettbewerbsfähig. Der Höchstwert bei Ausschreibungen für Solaranlagen des zweiten Segments liegt mit 9 Cent/kWh deutlich über den Höchstwerten für Solaranlagen des ersten Segments mit nunmehr herabgesetzten 5,9 Cent/kWh.

  • Das EEG 2021 führt zudem ein Ausschreibungsregime für Biomethananlagen ein.

  • Die Erzeugung grünen Wasserstoffs, der nach der Nationalen Wasserstoffstrategie ein wesentlicher Baustein für die Energie- und Verkehrswende werden soll, wird privilegiert: Für die Herstellung von Wasserstoff kann die EEG-Umlage auf 15 % begrenzt werden. Die Vorschrift gilt ihrem Wortlaut nach unabhängig von der Stromquelle und damit für grünen wie für anthrazitfarbenen Wasserstoff. Per Rechtsvorordnung kann die Bundesregierung die Privilegierung allerdings auf grünen Wasserstoff beschränken. § 69b EEG 2021 ermöglicht darüber hinaus die vollständige Befreiung von der EEG-Umlage, sofern die Vorschrift durch Rechtsverordnung der Bundesregierung gem. § 93 EEG 2021 für anwendbar erklärt wird.

 

III. Begrenzung des Kostenanstiegs

 

Die Höchstwerte bei Ausschreibungen für Windenergieanlagen an Land (künftiger Höchstwert 6 Cent/kWh) und für Solaranlagen des ersten Segments (künftiger Höchstwert 5,9 Cent/kWh) werden um rund 15% bzw. 20% reduziert. Diese Höchstwerte können allerdings durch Rechtsverordnung der Bundesregierung ohne Zustimmung des Bundesrats erhöht werden, wenn dies zur Erreichung der Klimaziele notwendig werden sollte.

Der „atmende Deckel“, der zu einer Kostendegression bei Solaranlagen führt, wird entschärft. Die gesetzlich bestimmten, anzulegenden Werte für Solaranlagen verringern sich nicht mehr um grundsätzlich 0,5 %, sondern um nur noch 0,4 %/Monat (Basisdegression). Die verschiedenen, vom Ausbauvolumen abhängigen Degressionsstufen bleiben erhalten, greifen aber erst ab einem höheren Ausbauvolumen. Wird der prognostizierte Zubau von 2.500 MW allerdings um bis zu 200 MW unterschritten, verringert sich die Degression auf null. Werden die Werte stärker als 200 MW unterschritten, erhöht sich der anzulegende Wert einmalig um 1 %, bei einer Unterschreitung um 600 MW einmalig um 2 % und bei Unterschreitung um 1.000 MW einmalig um 3 %.

Der Wettbewerb bei den Ausschreibungen für Solaranlagen soll durch eine Verbreiterung des Bebauungsstreifens längs von Verkehrswegen erhöht werden. Künftig können Freiflächenanlagen längs von Autobahnen und Schienenwegen bis zu einer Entfernung von 200 Metern, gemessen vom äußeren Fahrbahnrand, statt bislang nur 110 Metern in den Auktionen bezuschlagt werden.

Die EEG-Umlage soll teilweise aus dem Bundeshaushalt finanziert werden, konkret aus der Einführung der Kohlendioxidbepreisung in den Sektoren Wärme und Energie nach dem BEHG. Details zum BEHG finden Sie in unseren gesonderten BEHG-Briefings.


IV. Erhöhung der Akzeptanz für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien

 

Betreiber von Windenergieanlagen an Land können Kosten für die Beteiligung von Kommunen an den Erträgen neuer Anlagen an die Netzbetreiber weiterreichen.

  • Betreiber von Windenergieanlagen an Land, die einen Zuschlag für ihre Anlage erhalten haben, können zwecks Erhöhung der Akzeptanz solchen Gemeinden eine Zuwendung von bis zu 0,2 Cent/kWh zahlen, die von der Errichtung der Windenergieanlage betroffen sind. Betroffen können nur solche Gemeinden sein, deren Hoheitsgebiet maximal 2.500 Meter von der Windenergieanlage an Land entfernt ist. Diese Zahlungen, einschließlich einer Aufwandspauschale von 5 %, können an den jeweiligen (Anschluss)Netzbetreiber weitergereicht werden, der die Kosten seinerseits über die EEG-Umlage auf Elektrizitätsversorgungsunternehmen und Letztverbraucher abwälzen kann.

Bei der Photovoltaik werden die Rahmenbedingungen für den „Mieterstrom“ verbessert.

  • Der anzulegende Wert für den Mieterstromzuschlag wird deutlich erhöht.

  • Darüber hinaus genügt es für die Förderfähigkeit nunmehr, dass der Strom in demselben Quartier verbraucht wird, in dem auch die Anlage steht; ein unmittelbarer räumlicher Zusammenhang ist nicht mehr erforderlich (sog. Quartiersansatz).

  • Solaranlagen, die nicht an demselben Anschlusspunkt betrieben werden, werden für die Ermittlung des Zahlungsanspruchs und der Höchstkapazität förderfähiger Anlagen (100 kW) nicht mehr zusammengerechnet.

  • Das EEG 2021 stellt ausdrücklich klar, dass die Stromlieferung an Letztverbraucher aus den Solaranlagen nicht nur durch den Anlagenbetreiber, sondern auch durch Dritte, insbesondere Energiedienstleister, erfolgen kann. Der Gesetzgeber anerkennt damit ausdrücklich das Lieferkettenmodell.

 

V. Stärkung der Netz- und Marktintegration

 

Zur Förderung der Windenergie an Land und von Biomasse in Süddeutschland wird eine „Südquote“ eingeführt. Diese sieht eine prioritäre Bezuschlagung von Projekten vor, die in einem süddeutschen Landkreis nach Anlage 5 zum EEG 2021 verwirklicht werden. Erst wenn 15 und ab dem Jahr 2024 20 % des Ausschreibungsvolumens der jeweiligen Ausschreibungsrunde an Projekte in Süddeutschland vergeben wurden, erfolgt der Zuschlag für Anlagen in ganz Deutschland.

Die gleitende Marktprämie wird weiterentwickelt.

  • Bislang wurde die Marktprämie kalendermonatlich berechnet. Dabei bleibt es für Altanlagen. Für Neuanlagen wird die Marktprämie ab 2023 nunmehr jedoch kalenderjährlich berechnet. Dadurch soll ein Anreiz gesetzt werden, Strom aus Erneuerbare Energien-Anlagen in Stunden mit hohen Strompreisen einzusetzen.

Außerdem wird die Vergütung für aus Erneuerbare Energien-Anlagen erzeugten Strom bei negativen Börsenpreisen für Neuanlagen stark eingeschränkt.

  • Bisher hat sich der anzulegende Wert und damit auch die Markprämie und die Einspeisevergütung für EEG- Anlagen erst dann auf null reduziert, wenn die Strompreise in der börslichen day-ahead-Auktion für mindestens sechs aufeinanderfolgende Stunden negativ waren. Für Neuanlagen wird diese Regelung geändert. Der anzulegende Wert verringert sich bereits dann auf null, wenn der Spotmarktpreis für die Dauer von vier aufeinanderfolgenden Stunden negativ ist.

  • Als Ausgleich sieht der Gesetzgeber vor, dass sich die Förderhöchstdauer der EEG-Anlage um diejenigen Zeiträume verlängert, in der Anlagebetreiber keine Einspeisevergütung erhält. Hierdurch wird das Investitionsrisiko für den EEG-Anlagenbetreiber kalkulierbarer.

Während bislang nur EEG- und KWK-Anlagen mit einer Leistung von mehr als 100 kW fernsteuerbar sein mussten, müssen nach neuer Rechtslage EEG- und KWK- Anlagen mit einer Leistung ab 25 kW, und unter bestimmten Voraussetzungen bereits ab 7 kW, über einen Smart Meter Gateway verfügen, der einen ferngesteuerten Zugriff des Netzbetreibers ermöglicht. Die Regelung gilt nicht nur für Neu-, sondern auch für Altanlagen. Sie setzt allerdings eine Feststellung des Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik voraus, dass mindestens drei intelligente Messsysteme am Markt verfügbar sind.

Bislang hatten EEG-Anlagenbetreiber einen Entschädigungsanspruch in Höhe von 95 % der entgangenen Einnahmen, wenn der Netzbetreiber die Einspeiseleistung der Anlage wegen eines Netzengpasses reduziert. Mit dem EEG 2021 wird dieser Anspruch auf 100 % der entgangenen Einnahmen erhöht.


VI. Einstieg in die „Post-Förderung-Ära“

 

Das EEG 2021 führt die Kategorie der „ausgeförderten Anlage“ für solche Anlagen ein, deren Anspruch auf Zahlung einer Vergütung nach der für die Anlage maßgeblichen Fassung des Erneuerbare-Energien- Gesetzes bereits beendet ist. Ausgeförderte Anlagen haben nach wie vor einen Anspruch auf vorrangige Einspeisung.

Die Betreiber solcher Anlagen können den Strom bis Ende 2027 weiterhin dem Netzbetreiber zur Vermarktung zur Verfügung stellen. Sie erhalten als Einspeisevergütung dann den Jahresmarktwert nach Anlage 1 EEG 2021abzüglich der pauschalisierten Vermarktungskosten der Netzbetreiber, die den Strom für die Anlagenbetreiber vermarkten.

  • Betreiber bestimmter ausgeförderter Anlagen haben Anspruch auf die Zahlung einer Einspeisevergütung. Der Anspruch ist zeitlich begrenzt, nach Art und Leistung der Anlage bis zum 31. Dezember 2021 (ausgeförderte Windenergieanlagen an Land, für die kein Zuschlag aus einer Ausschreibung nach § 23b Abs. 2 S. 1 EEG 2021 wirksam ist), 31. Dezember 2022 (ausgeförderte Windenergieanlagen an Land, für die ein Zuschlag nach § 23b Abs. 2 S. 1 EEG 2021 wirksam ist) oder 31. Dezember 2027 (ausgeförderte Anlagen, die keine Windenergieanlagen an Land sind bei installierter Leistung bis zu 100 kW).

  • Die Höhe der Einspeisevergütung für Betreiber ausgeförderter Anlagen ergibt sich nicht, wie bei geförderten Anlagen, aus den jeweils anzulegenden Werten abzüglich der pauschalisierten Vermarktungskosten der Netzbetreiber, sondern nach einem differenzierten Regime: Für ausgeförderte Anlagen, die keine Windenergieanlagen an Land sind und eine Kapazität von nicht mehr als 100 kW haben, ist als anzulegender Wert der Jahresmarktwert zugrunde zu legen, wiederum abzüglich der pauschalisierten Vermarktungskosten der Netzbetreiber. Der Jahresmarktwert wird neu definiert als der energieträgerspezifische Marktwert von Strom aus erneuerbaren Energien oder aus Grubengas, der sich nach Anlage 1 Nummer 4 aus dem tatsächlichen Jahresmittelwert des Spotmarktpreises bezogen auf ein Kalenderjahr ergibt. Bei ausgeförderten Windenergieanlagen an Land soll sich der anzulegende Wert hingegen grundsätzlich aus Ausschreibungen der BNetzA ergeben.

 

VII. Ergänzung der Amnestieregelung für Eigenerzeugung

 

Das mit § 104 Abs. 4 EEG 2017 eingeführte und im EEG 2021 beibehaltene Leistungsverweigerungsrecht eines Elektrizitätsversorgungsunternehmens gegenüber dem Übertragungsnetzbetreiber für streitige Eigenerzeugungsfälle (Amnestieregelung) wird um einen – unter Beihilfevorbehalt stehenden – Anspruch auf Vergleichsabschluss ergänzt.

Voraussetzung eines solchen Anspruchs ist, erstens Streit oder Ungewissheit über das Vorliegen der Voraussetzungen des Leistungsverweigerungsrechts nach § 104 Abs. 4 EEG 2021, zweitens das Fehlen einer rechtskräftigen Gerichtsentscheidung über Auskunfts- oder Zahlungsansprüche betreffend das konkrete Eigenerzeugungsmodell und drittens die Geltendmachung des Anspruchs bis zum 30. Juni 2022. Auf der Grundlage eines solchen Vergleichs können die betroffenen Unternehmen für die streitbefangenen Strommengen bis zum 31. Dezember 2020 einerseits die Zahlung der EEG-Umlage verweigern, andererseits müssen sie die Umlagepflicht für in den betroffenen Anlagen ab dem 1. Januar 2021 erzeugte Strommengen anerkennen.

Freshfields - Die Novellierung des Gesetzes für den Ausbau erneuerbarer Energien (EEG 2021)
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