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Briefing

Bundestag beschließt ATAD-Umsetzung und Körperschaftsteuer-Modernisierung

Kurz vor Ende der Legislaturperiode hat der Bundestag zwei wichtige Steuergesetze verabschiedet: Am vergangenen Freitag (21. Mai 2021) stimmte das Parlament dem ATAD-Umsetzungsgesetz (ATADUmsG) und dem Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG) zu. Die erforderliche Zustimmung des Bundesrates gilt als sicher und wird für Ende Juni erwartet.

ATAD-Umsetzung

Die Umsetzung der EU-Richtlinie 2016/1164 zur Bekämpfung von Steuervermeidung (ATAD) in deutsches Recht war politisch lange umstritten. Bereits im Dezember 2019 hatte das Bundesfinanzministerium (BMF) einen Referentenentwurf vorgelegt (zum Briefing), im März 2020 folgte eine überarbeitete Fassung (zum Briefing). Streitpunkte innerhalb der Regierungskoalition waren dem Vernehmen nach insbesondere die Niedrigsteuergrenze der Hinzurechnungsbesteuerung (§ 8 Abs. 5 AStG n.F.) und die – nicht in der ATAD angelegte – umfassende Überarbeitung der sog. Wegzugsbesteuerung gem. § 6 AStG. Im März einigten sich die Regierungsparteien, in beiden Punkten allerdings zum Nachteil des Steuerpflichtigen. Nach dem Bundestagsbeschluss steht das Gesetzgebungsverfahren nun kurz vor dem Abschluss. Dabei folgte der Bundestag im Wesentlichen dem im März 2021 veröffentlichten Regierungsentwurf.

Die wichtigsten Aspekte sind:

  • Anti-Hybrid-Regelungen:
    Kernstück der ATAD-Umsetzung sind die Vorschriften gegen sog. Hybride Gestaltungen, insbesondere § 4k EStG n.F. Hybride Gestaltungen beruhen auf sog. Qualifikationskonflikten. Ein Qualifikationskonflikt liegt bei hybriden Finanzinstrumenten bspw. vor, wenn eine Zahlung in Deutschland beim Zahlenden als Zins und beim Zahlungsempfänger als Dividende angesehen wird. Dem Betriebsausgabenabzug für den Zins steht dann u.U. aufgrund der international verbreiteten Steuerbefreiung für Dividenden keine korrespondierende Besteuerung gegenüber. In solchen und ähnlichen Situationen versagt Deutschland künftig den Betriebsausgabenabzug. Im Rahmen des ATADUmsG werden Regelungen eingeführt, welche sowohl in Inbound- wie auch in Outbound-Fällen die Folgen von Qualifikationskonflikten aufheben.

    Die neuen Vorschriften gelten rückwirkend ab dem 31. Dezember 2019. § 4k EStG n.F. betrifft im Grundsatz alle nach dem 31. Dezember 2019 entstehenden Aufwendungen. Eine Ausnahme gilt, wenn der Rechtsgrund der jeweiligen Aufwendung vor dem 31. Dezember 2019 gelegt wurde. Solche Aufwendungen fallen nur dann in den Anwendungsbereich der Anti-Hybrid-Regelung, wenn ihnen ein Dauerschuldverhältnis (bspw. Darlehens- oder Lizenzvertrag) zugrunde liegt und sie ohne wesentliche Nachteile hätten vermieden werden können.
  • Hinzurechnungsbesteuerung:
    Ziel der Hinzurechnungsbesteuerung ist es, der Verlagerung von passiven Einkünften in das niedrig besteuernde Ausland entgegenzuwirken. Das ATADUmsG sieht in §§ 7 – 13 AStG n.F. vielfältige „technische“ Anpassungen dieser seit 1972 bestehenden Regelungen vor; dabei bleiben die bisherigen Strukturen der Hinzurechnungsbesteuerung aber im Kern unverändert. Die Hinzurechnungsbesteuerung hat zur Folge, dass niedrig besteuerte passive Einkünfte in die Bemessungsgrundlage der inländischen Gesellschafter einbezogen und besteuert werden. Politisch umstritten war, ob die – im internationalen Vergleich sehr hohe – Niedrigsteuergrenze von 25 % abgesenkt werden soll. Letztlich entschied sich der Gesetzgeber dagegen. Die neuen Vorschriften gelten erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2022.
  • Exit- und Wegzugbesteuerung:
    Details der Entstrickungsbesteuerung im Hinblick auf Betriebsvermögen werden an die Vorgaben der ATAD angeglichen. Bedeutender ist allerdings die vollständige Neufassung von § 6 AStG. Die Vorschrift fingiert bei Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht einer natürlichen Person durch Wegzug (oder bei Erfüllung von Ersatztatbeständen) eine Veräußerung von qualifizierten Kapitalgesellschaftsbeteiligungen von mindestens 1 %. Bei Umzügen innerhalb des EU/EWR-Raums wurde bisher die Steuer zwar festgesetzt, aber sodann von Amts wegen zinslos und ohne Sicherheitsleistung bis zur tatsächlichen Veräußerung der Kapitalgesellschaftsbeteiligung gestundet. Stattdessen soll für Wegzüge nach dem 31. Dezember 2021 nun auch in EU/EWR-Fällen eine Zahlung in sieben Jahresraten (i.d.R. gegen Sicherheitsleistung) zwingend erfolgen. 

Körperschaftsteuer-Modernisierung

Weiterhin hat der Bundestag das Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts beschlossen. Dies soll es ab dem 1. Januar 2022 erlauben, eine Personengesellschaften auf Antrag für steuerliche Zwecke wie eine Kapitalgesellschaft zu behandelt. Die Änderung dürfte sowohl für deutsche Unternehmen wie auch für Inbound-Investoren interessant sein (zum Briefing).

Ausblick und Handlungsempfehlung

Die neuen Steuergesetze bedürfen noch der Zustimmung des Bundesrates. Diese gilt als sicher und wird für Ende Juni erwartet. Es besteht damit die Notwendigkeit, bestehende Strukturen insbesondere im Hinblick auf die Anti-Hybrid-Regelungen und die Hinzurechnungsbesteuerung zu überprüfen und ggf. anzupassen. Die Anti-Hybrid-Regelungen sind bereits in den Steuererklärungen für das Jahr 2020 zu berücksichtigen. Aus Unternehmenssicht verschlechtert sich das Steuerklima in Deutschland weiter. Dies hat auch bereits die Neuregelung der deutschen Anti-Treaty-Shopping-Vorschrift des § 50d Abs. 3 EStG gezeigt (zum Briefing). Steuerpflichtige müssen daher ihre Aktivitäten noch sorgfältiger im Hinblick auf das deutsche Steuerrecht gestalten, um durch die Anwendung einer der zahlreichen Vorschriften gegen Rechtsmissbrauch keine Nachteile zu erleiden. Die Anforderungen an Tax Compliance und Interne Kontrollsysteme (IKS) erhöhen sich durch die immer komplexer werden Vorschriften weiter.