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Briefing

Das Gesetz zur Strom­preis­bremse und die dort geregelte Abschöpfung sog. Über­schuss­erlöse

Am 16. Dezember 2022 hat das Strompreisbremsegesetz (StromPBG) den Bundesrat passiert. Ausweislich des beschlossenen Gesetzestextes sollen Betreiber von Stromerzeugungsanlagen verpflichtet werden, 90 Prozent ihrer sog. Überschusserlöse an ihren jeweiligen Anschlussnetzbetreiber auszukehren.

Abgeschöpft werden zunächst diejenigen Überschusserlöse, die der Gesetzgeber den Anlagenbetreibern für die in der Zeit vom 1. Dezember 2022 bis zum 30. Juni 2023 eingespeisten Strommengen unterstellt. Kraft Rechtsverordnung kann die Bundesregierung den Abschöpfungszeitraum bis zum 30. April 2024 verlängern. Mittels der abgeschöpften Erlöse soll die Absenkung des effektiven Strompreises im Rahmen von Kontingenten zugunsten von Letztverbrauchern, d.h. die eigentliche Strompreisbremse, teilfinanziert werden.

I. Hintergrund

Am 1. Dezember 2022 tritt die Verordnung des EU-Rates über Notfallmaßnahmen als Reaktion auf die hohen Energiepreise ((EU) 2022/1854, Notfall-VO) in Kraft. Die Notfall-VO sieht eine Markterlösobergrenze von 180 EUR/MWh für den Verkauf von Strom aus Anlagen mit niedrigen Grenzkosten vor und verpflichtet die Mitgliedsstaaten sicherzustellen, dass 90 bis 100 Prozent der oberhalb dieser Grenze realisierten Markterlöse zur Entlastung von Letztverbrauchern verwendet werden. Der europäische Gesetzgeber eröffnet den Mitgliedsstaaten bei der Ausgestaltung und Umsetzung der Erlösabschöpfung Abweichungs- und Konkretisierungsspielräume. So können die Mitgliedsstaaten beispielsweise strengere Erlösobergrenzen festlegen und dabei auch technologiespezifisch differenzieren. Die Abweichungskompetenz des Gesetzgebers ist jedoch an Bedingungen geknüpft, wie etwa die Diskriminierungsfreiheit und Verhältnismäßigkeit, die Nichtgefährdung von Investitionssignalen und die Nichtverzerrung des Funktionierens der Stromgroßhandelsmärkte.

Das StromPBG ist von dem Bestreben getragen, die Notfall-VO umzusetzen.

II. Rechts­grundlage und Anwendungs­bereich der Erlös­abschöpfung

Rechtsgrundlage der Abschöpfung von Überschusserlösen ist § 14 Abs. 1 StromPBG. Dieser begründet ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen Anlagenbetreibern und ihren Anschlussnetzbetreibern. Die Anlagenbetreiber werden verpflichtet, an ihren jeweiligen Anschlussnetzbetreiber einen Geldbetrag zu zahlen, der 90 Prozent der im jeweiligen Abrechnungszeitraum mit der Stromerzeugungsanlage erwirtschafteten Überschusserlöse entspricht. „Mit der Stromerzeugungsanlage erwirtschaftet“ sind Überschusserlöse immer dann, wenn sie Strommengen zugerechnet werden können, die in der Anlage erzeugt und in das öffentliche Netz eingespeist werden. Der erste Abrechnungszeitraum beginnt am 1. Dezember 2022 und endet am 31. März 2023; alle weiteren Abrechnungszeiträume sind quartalsbezogen.

Der Gesetzestext sieht Ausnahmen für diverse Erzeugungsarten vor. Vom Anwendungsbereich ausgenommen ist etwa Strom aus Anlagen, in denen innerhalb eines Kalendermonats ausschließlich oder weit überwiegend auf Basis von Steinkohle, Flüssiggas, Erdgas, Biomethan oder leichtem Heizöl erzeugt wird; von der Abschöpfung ebenso ausgenommen ist Strom, der in einer Anlage mit einer installierten (elektrischen) Leistung von weniger als 1 MW oder in einer Biogasanlage mit einer (elektrischen) Bemessungsleistung von weniger als 1 MW erzeugt wird. Ausgenommen sind auch Strommengen, die außerhalb des öffentlichen Netzes an Abnehmer geliefert werden.

III. Zur Berechnung der Über­schuss­erlöse

Die abzuschöpfenden Überschusserlöse werden in drei Stufen ermittelt. Zunächst wird ermittelt, ob Betreibern von Stromerzeugungsanlagen für im jeweiligen Abrechnungszeitraum in der Anlage erzeugte und eingespeiste Strommengen fiktive Spotmarktüberschusserlöse aufgrund von technologiespezifischen Erlösobergrenzen zurechenbar sind (dazu 1.). Anlagenbetreiber, die ihre Strommengen anlagenbezogen vermarkten, können anstelle des fiktiven Spotmarkterlöses den tatsächlichen Erlös aus dem anlagenbezogenen Vermarktungsvertrag geltend machen, wobei in diesem Fall abweichende Sicherheitszuschläge und damit Erlösobergrenzen gelten (dazu 2.). Auf der dritten Stufe werden die so ermittelten Überschusserlöse um das Ergebnis aus Absicherungsgeschäften korrigiert, wobei zwischen vor und ab dem 1. November 2022 geschlossenen Absicherungsgeschäften differenziert wird (dazu 3.). Die aus dieser Berechnungsmethodik resultierenden Überschusserlöse werden unwiderlegbar vermutet. Das gilt auch dann, wenn die tatsächlich realisierten Markterlöse deutlich niedriger ausfallen.

1. Spotmarkt­überschuss­erlös

Ausgangspunkt der Ermittlung des Spotmarktüberschusserlöses ist der fiktive Spotmarkterlös der Stromerzeugungsanlage. Dieser ergibt sich aus dem Produkt der erfolgten Netzeinspeisung und dem für diese Stunde geltenden Spotmarktpreis. Bei Windenergieanlagen und Solaranlagen wird der fiktive Erlös nicht auf Grundlage des Spotmarktpreises, sondern anhand des energieträgerspezifischen Monatsmarktwertes nach Anlage 1 Nummer 3.3 EEG berechnet, der seinerseits an den durchschnittlichen Spotmarktpreis des Monats anknüpft.

Im Weiteren sind die technologiespezifischen Erlösobergrenzen zu ermitteln. Diese sind in § 16 Abs. 1-6 StromPBG geregelt und setzen sich aus technologiespezifischen Referenzkosten und einem Sicherheitszuschlag in Höhe von in der Regel 30 EUR/MWh zusammen. Bei Erneuerbare-Energie-Anlagen werden weitere Sicherheitsmargen berücksichtigt.

Technologie Referenzkosten
Erneuerbare-Energien-Anlage in Direkt­vermarktung via Markt­prämie anzulegender Wert nach EEG für in diesem Kalender­monat eingespeisten Strom
Erneuerbare-Energien-Anlage in sonstiger Direkt­vermarktung

a) anzulegender Wert nach EEG für in diesem Kalender­monat eingespeisten Strom im Fall des Wechsels zur Markt­prämie

b) 100 EUR/MWh, wenn kein anzulegender Wert nach EEG bestimmbar

Kern­energie

a) 40 EUR/MWh für zwischen 30.11.2022 und 31.12.2022 eingespeisten Strom

b) 90 EUR/MWh für zwischen 01.01.2023 und 16.04.2023 eingespeisten Strom (ggf. 110 EUR/MWh bei nach § 7 Abs. 1e AtG weiter­betriebenen Anlagen)

Abfall/Torf

70 EUR/MWh

Braunkohle

Summe aus den spezifischen CO2-Kosten nach Anlage 3 und Fix­kosten­deckungs­beitrag von

a) 50 EUR/MWh für Anlagen mit gesetzlich auf den 31.03.2030 vorgezogenem Still­legungs­datum

b) 30 EUR/MWh für alle übrigen Anlagen

Mineralöl
(soweit nicht nach § 13 Abs. 3 Nr. 1 aus­genommen)

250 EUR/MWh

Sonstige Anlagen in Direkt­vermarktung

100 EUR/MWh

Die Differenz aus dem fiktiven Spotmarkterlös und der technologiespezifischen Erlösobergrenze bildet den fiktiven Spotmarktüberschusserlös; sie wird auf Monatsbasis berechnet.

2. Option zur Ver­anschlagung anlagen­bezogener Vermarktungs­erlöse

Anlagenbetreiber, die ihre Strommengen anlagenbezogen vermarkten, können anstelle des fiktiven Spotmarktüberschusserlöses den Überschuss in Ansatz bringen, der sich aus ihrem tatsächlichen Vermarktungserlös ergibt. Erforderlich ist insoweit ein anlagenbezogener Vermarktungsvertrag, worunter insbesondere PPAs und Direktvermarktungsverträge fallen. Die Option, auf Erlöse aus anlagebezogenen Vermarktungsverträgen abzustellen, gilt auch für Verträge, die finanziell erfüllt werden. Hinsichtlich der anlagenbezogenen Vermarktung differenziert der Gesetzgeber zwischen vor und ab dem 1. November 2022 geschlossenen Verträgen:

  • Bei Abschluss eines anlagenbezogenen Vermarktungsvertrages vor dem 1. November 2022 ersetzt der vertraglich vereinbarte Erlös den unterstellten Spotmarkterlös bzw. den energieträgerspezifischen Monatsmarktwert. Gleichermaßen wird die Erlösobergrenze teilweise angepasst. So werden etwa für Erneuerbare-Energien-Anlagen Referenzkosten von mindestens 80 EUR/MWh unterstellt; der Sicherheitszuschlag wird generell gegenüber der Spotmarktabschöpfung von 30 EUR/MWh auf 10 EUR/MWh verringert.
  • Für anlagenbezogene Vermarktungsverträge, die ab dem 1. November 2022 abgeschlossen werden, gilt Vorstehendes nur, wenn die Stromerzeugungsanlage ab dem 1. November 2022 in Betrieb genommen wurde. Insbesondere für PPAs in Bezug auf ausgeförderte Anlagen bleibt demnach der fiktive Spotmarkterlös maßgeblich.


3. Absicherungs­geschäfte

Auf der dritten Stufe wird der unter den Punkten 1 bzw. 2 ermittelte Überschusserlös um das Ergebnis aus Absicherungsgeschäften korrigiert. Zu unterscheiden ist zwischen Absicherungsgeschäften, die vor dem 1. November 2022 und solchen, die ab dem 1. November 2022 geschlossen wurden.

a) Vor dem 1. November 2022 geschlossene Absicherungs­geschäfte

Als Ergebnis aus Absicherungsgeschäften definiert der Gesetzgeber das „Fair Value Ergebnis aus Absicherungsgeschäften für die geplante Einspeisung im Abrechnungszeitraum“.

Zunächst müssen insoweit die korrekturrelevanten Absicherungsgeschäfte identifiziert werden. Der Begriff des Absicherungsgeschäfts wird im Gesetz nicht definiert; erfasst sind jedoch sowohl finanziell als auch physisch zu erfüllende Geschäfte einschließlich sog. Proxy-Hedges. Unklar ist, ob der Basiswert des Absicherungsgeschäfts die Lieferung von Elektrizität zum Gegenstand haben muss oder ob auch andere Absicherungsgeschäfte, wie etwa Wetterderivate, erfasst werden. Die in Betracht kommenden Absicherungsgeschäfte müssen vom Eigenhandel abgegrenzt werden und den planmäßigen Einspeisungen aus der Stromerzeugungsanlage in concreto zugeordnet werden können. Das Einspeisevolumen, auf das sich die Absicherungsgeschäfte beziehen, kann mithin das tatsächliche Einspeisevolumen, anhand derer die Überschusserlöse auf den ersten beiden Stufen berechnet werden, überschreiten. Der Gesetzestext sieht keine abschließenden Abgrenzungs- und Zuordnungsregeln vor; hinsichtlich der konkreten Abgrenzungs- und Zuordnungsmethodik lassen sich aus den Anlagen zum Gesetz jedoch folgende Grundsätze ableiten:

  • Anlagenbezogene Vermarktungsverträge gelten nicht als Absicherungsgeschäfte; schon hieraus wird klar, dass sich der Nexus zwischen Absicherungsgeschäft und planmäßiger anlagenbezogener Stromerzeugung nicht aus dem Vertrag ergeben muss, der das Absicherungsgeschäft konstituiert, sondern vielmehr aus außerhalb des Vertrags liegenden Umständen.
  • Ein Anlagenbetreiber kann ferner dann nicht geltend machen, dass bestimmte Stromhandelsverträge Absicherungsgeschäfte von Einspeisungen aus Stromerzeugungsanlagen sind, wenn eine solche Zuordnung den Grundsätzen des Risikomanagements, seiner bestehenden Buch- und Portfoliostruktur sowie den durch den Anlagenbetreiber bis zum 31. Oktober 2022 verwendeten Zuordnungsregeln widerspräche. Der Gesetzgeber suggeriert insoweit eine Eindeutigkeit, die es allenfalls in Grundzügen gibt. In zahlreichen Detailaspekten besteht demgegenüber kein anerkanntes Verständnis darüber, welche Absicherungsstrategien den Grundsätzen eines sachgerechten Risikomanagements entsprechen und welche Geschäfte noch geeignet sind, um Risiken zu reduzieren, die individuellen Buch- und Portfoliostrukturen immanent sind.
  • Der Gesetzestext gibt weiterhin vor, dass die Zuordnungsregeln im Zeitverlauf über alle Abrechnungszeiträume hinweg konsistent angewandt werden müssen und dass das zu berücksichtigende Volumen nicht die zu erwartende Erzeugung der betreffenden Stromerzeugungsanlage überschreiten darf. Auch diese Vorgabe wirft Fragen auf. So ist denkbar, dass Unternehmen im Zeitverlauf ihre Hedging-Strategie – und damit einhergehend auch ihre Zuordnungsregeln – anpassen, um veränderten Marktbedingungen, dazugewonnenen Erkenntnissen oder veränderten strategischen Zielen, die etwa schlicht in einem Personalwechsel begründet sein können, Rechnung zu tragen. Es wäre nicht sachgerecht, wenn solche objektiv nachvollziehbaren Anpassungen einen Zuordnungsausschluss begründen würden.
  • Weiterhin gibt der Gesetzgeber vor, dass Absicherungsgeschäfte in Abgrenzung zum Eigenhandel „objektiv messbar und abgrenzbar dazu dienen“ müssen, die wirtschaftlichen Risiken der Stromerzeugung aus der Stromerzeugungsanlage abzusichern und zu reduzieren. Auch diese Vorgabe lässt nur unzureichend erkennen, welche Kriterien bei der Abgrenzung und Zuordnung maßgeblich sein sollen.
  • Schließlich regelt der Gesetzgeber den Fall, dass sich bestimmte Geschäfte als Absicherungsgeschäfte in Bezug auf ein bestimmtes, mehrere Erzeugungstechnologien umfassendes Portfolio identifizieren lassen, dabei aber unklar bleibt, welcher konkreten Stromerzeugungs-Technologie innerhalb dieses Portfolios das Absicherungsgeschäft zugeordnet werden kann. In diesem Fall soll die Zuordnung nach den typischen Einsatzstunden von Stromerzeugungs-Technologien pro Jahr entsprechend der in Ziff. 4.6 der Anlage 4 abgebildeten Tabelle erfolgen. Das erscheint insofern problematisch, als diese Tabelle die saisonalen Besonderheiten von Windkraft- und Photovoltaikanlagen unberücksichtigt lässt.

Das Ergebnis der so identifizierten Absicherungsgeschäfte ist ausweislich des Gesetzestextes ihr Fair Value. Als Fair Value definiert der Gesetzgeber „den beizulegenden Zeitwert, der als der Preis definiert ist, der in einem geordneten Geschäftsvorfall zwischen Marktteilnehmern am Bemessungsstichtag für den Verkauf eines Vermögenswerts eingenommen bzw. für die Übertragung einer Schuld gezahlt würde bzw. wird.“

Das so ermittelte Ergebnis der Absicherungsgeschäfte soll die im Rahmen der ersten beiden Stufen ermittelten Überschusserlöse korrigieren. Der Gesetzgeber belässt es bei dieser Vorgabe und legt nicht fest, wie die Korrektur umgesetzt wird. Gemeint sein dürfte, dass das (ggf. negative) Ergebnis des Absicherungsgeschäfts zum fiktiven Spotmarkterlös bzw. zum anlagenbezogenen Vermarktungserlös addiert wird (d.h. bei einem negativen Ergebnis des Absicherungsgeschäfts würde dies zu einem entsprechenden Abzug führen). Das dürfte auch dann gelten, wenn die geplanten Einspeisungen und mithin das Volumen der Absicherungsgeschäfte größer ist als die tatsächlichen Einspeisungen, aufgrund derer Überschusserlöse nach Maßgabe der ersten beiden Stufen berechnet werden.

b) Ab dem 1. November 2022 geschlossene Absicherungs­geschäfte

Bei Absicherungsgeschäften, die ab dem 1. November 2022 geschlossen werden, gestaltet sich der Korrekturmechanismus anders:

Ab diesem Zeitpunkt geschlossene Absicherungsgeschäfte sind in Gestalt einer sog. Preissicherungsmitteilung an die Bundesnetzagentur zu melden. Die Meldung kann jederzeit zukunftsgerichtet und bis zum Ende des jeweiligen Handelstages auch rückwirkend erfolgen. Zu melden ist jeweils anlagenbezogen die Kombination aus dem jeweiligen Handelsprodukt und der zu (ver-)kaufenden Menge an Strom, für die eine Absicherung erfolgen soll. Als Handelsprodukte gelten ausschließlich die am jeweiligen Handelstag am EEX handelbaren Absicherungsgeschäfte für Strom (EEX German Power Base and Peak Futures) mit Fälligkeit von einem Monat, Quartal oder Jahr. Unionsrechtliche Erwägungen sprechen dafür, dass gleichartige an anderen Strombörsen gehandelte Produkte ebenfalls berücksichtigt werden können; andernfalls würde das Gesetz den Wettbewerb zwischen den Strombörsen verzerren.

Zu melden ist außerdem das Ergebnis aus den Absicherungsgeschäften, für die eine Preissicherungsmeldung erfolgt ist, und zwar je Abrechnungszeitraum und Anlage in Euro. Das Ergebnis ist die Summe des (anteiligen) finanziellen Werts aller Preissicherungsmeldungen, deren Erfüllungszeitraum (teilweise) im Abrechnungszeitraum liegt. Der finanzielle Wert einer Preissicherungsmeldung berechnet sich aus dem Produkt der gemeldeten Strommenge und der Differenz zwischen dem täglichen Abrechnungspreis des jeweiligen Handelsproduktes am Abschlusstag und dem Glattstellungspreis. Letzterer ist im Fall von Strom der mittlere Preis des Basiswerts der EEX German Power Futures in den Stunden des Erfüllungszeitraums des jeweiligen Handelsproduktes zu dem pro MWh ein Betrag von 10 Euro hinzuaddiert wird.

Preissicherungsmeldungen sind im Regelfall jeweils auf plus/minus 2% der Nennleistung einer Stromerzeugungsanlage je Stunde begrenzt. Der Gesetzgeber will damit verhindern, dass Unternehmen ihre gesamte Erzeugung melden, wenn der Abrechnungspreis auch nur einen Tag unter die Abschöpfungsschwelle fällt, und so der Abschöpfung komplett entgehen könnten. Außerdem sind Preissicherungsmeldungen auf das tatsächliche Gesamtmarktvolumen der getätigten Absicherungsgeschäfte im jeweiligen Handelsprodukt an diesem Tag an der EEX beschränkt. Damit soll verhindert werden, dass Unternehmen im Fall von wenig liquiden Märkten den Abrechnungspreis beeinflussen und dann große Volumina melden könnten.

IV. Die eigentliche Strom­preis­bremse

Das StromPBG sieht vor, dass die Abschöpfungserlöse und erforderlichenfalls zusätzliche Mittel aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds verwendet werden, um Letztverbraucher durch garantierte Strompreise zu entlasten. Diese sog. Strompreisbremse ist zunächst auf das Jahr 2023 beschränkt, kann jedoch per Rechtsverordnung bis April 2024 verlängert werden.

Die Entlastung wird zuvörderst dadurch umgesetzt, dass Elektrizitätsversorgungsunternehmen, die ihre Letztverbraucher über eine Netzentnahmestelle beliefern, eine Absenkung ihrer Stromkosten in Höhe eines monatlichen Entlastungsbetrags gewähren.

Kleineren Verbrauchern wird im Rahmen dieser Entlastung ein Preis von 40ct /kWh einschließlich Netzentgelten, Messstellenentgelten und staatlich veranlassten Preisbestandteilen garantiert. Als kleinere Verbraucher gelten solche, die bis zu 30 000 kWh jährlich entnehmen, gemessen entweder an dem im RLM-Verfahren festgestellten Jahresverbrauch 2021 oder an der im SLP-Verfahren für 2022 erstellten Jahresverbrauchsprognose. Die Garantie gilt monatlich nur für ein Kontingent von 80% der durch zwölf geteilten aktuellen Jahresverbrauchsprognose (SLP-Verfahren) oder des entsprechend geteilten Jahresverbrauches 2021 (RLM-Verfahren). Für Großverbraucher, die mehr als 30 000 kWh pro Jahr entnehmen, beträgt der garantierte Preis 13ct/kWh für ein Kontingent von monatlich 70% des anteiligen Jahresverbrauches 2021 (RLM-Verfahren) oder der aktuellen Jahresverbrauchsprognose (SLP-Verfahren). Gesondert geregelt ist das Kontingent für Schienenbahnen.

Der jeweilige Entlastungsbetrag berechnet sich nach der Differenz zwischen dem am Monatsanfang vereinbarten durchschnittlichen Arbeitspreis und dem jeweiligen Garantiepreis. Die Entlastungsbeträge sind entweder monatlich vom Elektrizitätsversorgungsunternehmen auf die vereinbarten Voraus- oder Abschlagszahlungen anzurechnen oder – wenn solche nicht vereinbart sind – in der nächsten Rechnung zu berücksichtigen. Die Entlastung muss jedoch – um den Versorgern organisatorischen Vorlauf zu geben – erst ab März 2023, dann aber rückwirkend für Januar und Februar gewährt werden. Die insgesamte Entlastung für das Jahr 2023 ist auf die tatsächlichen Stromkosten des Letztverbrauchers in diesem Jahr begrenzt.

Bei Letztverbraucher, die ihren Strom nicht von einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen im Sinne des Gesetzes beziehen, sondern Strom beispielsweise importieren oder an der Börse beschaffen (sog. Selbstbeschaffer), wird die Entlastung unmittelbar im Verhältnis zu den Übertragungsnetzbetreibern umgesetzt. Grundlage der Berechnung des Entlastungsbeitrag ist insoweit nicht die Differenz zwischen Garantie- und vereinbartem Arbeitspreis, sondern die Differenz des Garantiepreises zu den durchschnittlichen Beschaffungskosten an der jeweiligen Netzentnahmestelle im Vormonat. Die Selbstbeschaffer haben in Höhe des jeweiligen Entlastungsbetrages einen Anspruch auf Absenkung der Stromkosten gegenüber dem verantwortlichen Übertragungsnetzbetreiber.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz darf per Rechtsverordnung die Berechnung des Entlastungsbetrages verändern. Die Anpassung soll spätestens bis zum 15. März 2023 geschehen und kann insbesondere aktuelle Marktpreisentwicklungen berücksichtigen.

Im Hinblick auf Höchstgrenzen für die Entlastungen, die mit einer Entlastung von über 2 Mio. Euro einhergehende Arbeitsplatzerhaltungspflicht und das mit Entlastungen über 25 Mio. Euro einhergehende Boni- und Dividendenverbot laufen die Regelungen des StromPBG dem des EWPBG zur Gaspreisbremse parallel.[1]

Die Finanzierung der Entlastungsbeträge wird durch einen Abwälzungsmechanismus sichergestellt, der maßgeblich von den Übertragungsnetzbetreibern verwaltet wird und dem EEG-rechtlichen Abwälzungsmechanismus in umgekehrter Reihenfolge ähnelt. Die Elektrizitätsversorgungsunternehmen sowie die nicht von einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen belieferten Letztverbraucher haben in Höhe der gewährten Entlastungsbeträge einen Erstattungsanspruch gegen den für die jeweilige Entnahmestelle verantwortlichen Übertragungsnetzbetreiber. Die Übertragungsnetzbetreiber haben wiederum bei im Vergleich zu den eingenommenen Überschusserlösen ungleicher Belastung durch die Entlastungsansprüche untereinander einen Ausgleichsanspruch. Außerdem haben die Übertragungsnetzbetreiber Ausgleichsansprüche in Höhe der vereinnahmten Überschusserlöse gegen die ihnen nachgelagerten Verteilernetzbetreiber. Nach Ablauf des Geltungszeitraums der Abschöpfung und der Strompreisbremse können die Übertragungsnetzbetreiber ihre über die eingenommenen Abschöpfungsbeträge hinausgehenden Entlastungsausgaben vom Bund ersetzt verlangen. Andererseits müssen dadurch verursachte Mehreinnahmen zur Senkung der Übertragungsnetzkosten im nächsten Kalenderjahr verwendet werden.

V. Bewertung & Ausblick

Der Gesetzestext gibt nur in Grundzügen vor, nach welchen Regeln vor dem 1. November 2022 geschlossene Absicherungsgeschäfte abgegrenzt und planmäßigen Erzeugungen einer Stromerzeugungsanlage zugeordnet werden können. Diese Unschärfe steht in einem Spannungsverhältnis zu dem verfassungsrechtlichen Gebot der Normenklarheit und Normenbestimmtheit; das gilt insbesondere für nachgelagerte Straf- und Ordnungswidrigkeitstatbestände. Andererseits ist es gerade diese Unschärfe, die Unternehmen Spielräume verschafft, Terminkontrakte bei der Kalkulation ihrer Überschusserlöse angemessen und praktikabel zu berücksichtigen.

Hinsichtlich der ab dem 1. November 2022 geschlossenen Verträge ist die Rechtslage eindeutiger, die Auswirkungen des Gesetzes sind aber gleichermaßen einschneidender. So bleiben Erlöse aus PPAs in Bezug auf Bestandsanlagen bei der Kalkulation der Überschusserlöse unberücksichtigt; gleiches gilt für anderweitige Absicherungsgeschäfte, die OTC geschlossen werden. Dieser sehr restriktive Ansatz schränkt die Optimierungsspielräume von Anlagenbetreibern ein und reduziert insoweit das der Abschöpfung von Markterlösen immanente Missbrauchspotenzial. Damit einher geht jedoch ein erheblicher Eingriff in den Terminmarkt, denn Anlagenbetreiber, die ab dem 1. November 2022 PPAs in Bezug auf Bestandsanlagen anbieten oder ihre Stromerzeugung anderweitig OTC vermarkten, tragen nunmehr das Risiko, zur Auskehrung fiktiver Überschusserlöse verpflichtet zu werden, die sie gar nicht realisiert haben. OTC-Märkte könnten folglich erheblich an Liquidität verlieren, weil Anlagenbetreiber in die börslich organisierten Termin- und Spotmärkte flüchten. Die Incentivierung derartiger struktureller Veränderungen könnte dem Gebot der Nichtverzerrung des Funktionierens des Stromgroßhandelsmarkts widersprechen und damit gegen die Notfall-VO verstoßen.

 

[1] Siehe dazu unser Briefing zur Gaspreisbremse.

Freshfields Briefing – Das Gesetz zur Strompreisbremse und die dort geregelte Abschöpfung sog. Überschusserlöse
(PDF - 246 KB)

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