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Briefing

Data Litigation Update: Warum Scraping-Klagen gegen Meta ein schlechtes Geschäft für Facebook-Nutzer (und ihre Versicherer) sind

In den vergangenen Monaten gab es immer wieder Medienberichte über Schadensersatzklagen von Facebook-Nutzern gegen Meta Platforms Ireland Ltd. (Meta), das Unternehmen, das Facebook in der EU betreibt, wegen angeblicher Verstöße gegen die DSGVO (siehe z.B. FAZBeck und LTO). Freshfields Bruckhaus Deringer vertritt Meta bei der Verteidigung dieser Klagen. Aufgrund entsprechender Werbemaßnahmen der Klägerkanzleien fordern Verbraucher Schadensersatz bis zu mehreren tausend Euro für immaterielle Schäden basierend auf einem Zugriff auf bestimmte öffentlich einsehbare Facebook-Profilinformationen durch unbekannte Dritte (sog. Scraper) in der Vergangenheit.

Meta hat bereits mehr als 6.000 erst- und zweitinstanzliche vollumfänglich klageabweisende Urteile erwirkt, was einer Erfolgsquote von mehr als 85 Prozent entspricht. Auch wenn der Bundesgerichtshof noch nicht über Scraping-Klagen entschieden hat, ist bereits jetzt klar: Der überwiegenden Mehrheit der Facebook-Nutzer gelingt es nicht, einen ersatzfähigen Schaden nachzuweisen. In seltenen Fällen sprechen Gerichte Facebook-Nutzern zwar einen Schadensersatz zu. Diese ausgeurteilten Beträge sind jedoch nur ein Bruchteil der Prozesskosten, die die Kläger und/oder ihre Rechtsschutzversicherer in praktisch allen Fällen zu tragen haben. Zudem greift Meta diese Entscheidungen in der Regel erfolgreich mit dem Rechtsmittel der Berufung an. Letztlich zahlen die Kläger und Versicherer die Rechnung, während die klagenden Anwälte ihre Gebühren unabhängig vom Ausgang des Verfahrens erhalten.

Klägeranwälte profitieren auf Kosten ihrer Mandanten und der Rechtsschutzversicherer

Obwohl die Klägeranwälte die Scraping-Klagen gegen Meta als sehr aussichtsreich bewerben, ist das Gegenteil richtig: Die überwiegende Mehrzahl der Gerichte hat bislang die Klagen abgewiesen.

Daher müssen in aller Regel die Kläger den überwiegenden Anteil der Gerichts- und Anwaltskosten tragen. Zwar sind diese weitestgehend rechtsschutzversichert, tragen aber auch einen Teil der Kosten über einen etwaigen Eigenanteil selbst. Daher müssen die Kläger und/oder ihre Versicherer auch in Fällen, in denen ein gewisser Schadenersatz zugesprochen wird, letztlich mehr zahlen, als sie durch das Urteil erhalten. Wenig überraschend sind die Rechtsschutzversicherer deshalb zunehmend zurückhaltend, Deckung für solche Klagen zu gewähren.

Eindeutige Rechtsprechung der Oberlandesgerichte

Das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 15. August 2023 (Az. 7 U 19/23) war die erste Entscheidung eines Oberlandesgerichts im Scraping-Komplex. Es hat die Klage auf immateriellen Schadensersatz in vollem Umfang abgewiesen, weil der Kläger den behaupteten immateriellen Schaden nicht hinreichend substantiiert dargelegt sowie die Kausalität nicht nachgewiesen habe. Darüber hinaus bestätigte das Oberlandesgericht Hamm, dass der Auskunftsanspruch des Klägers erfolglos ist, da dem Auskunftsersuchen bereits entsprochen wurde. Das Gericht hat außerdem die Anträge des Klägers auf Feststellung und Unterlassung als unzulässig abgewiesen.

Seitdem haben sich zahlreiche andere Oberlandesgerichte (Oberlandesgericht München, Oberlandesgericht Oldenburg, Oberlandesgericht Dresden, Oberlandesgericht Stuttgart, Oberlandesgericht Saarbrücken, Oberlandesgericht Celle, Oberlandesgericht Bamberg, Oberlandesgericht Thüringen, Oberlandesgericht Berlin und Oberlandesgericht Köln*) dieser Rechtsprechung angeschlossen und die Klagen ebenfalls in vollem Umfang abgewiesen.

Ausblick

In Anbetracht der inzwischen sehr gefestigten obergerichtlichen Rechtsprechung werden die Gerichte auch weiterhin die ganz überwiegende Mehrzahl der von Facebook-Nutzern gegen Meta erhobenen Klagen vollständig abweisen. Sollten sie dies ausnahmsweise nicht tun, dürften die Gerichte in der Mehrheit der Fälle jedenfalls keinen Schadensersatz zusprechen. Dies wird weitere Rechtsschutzversicherer dazu veranlassen, für neue Scraping-Klagen keine Deckung mehr zu gewähren.

Wenn am 11. November 2024 die ersten Fälle vor dem Bundesgerichtshof verhandelt werden, könnte dieser eine ähnlich strenge Haltung einnehmen wie die überwiegende Mehrheit der Oberlandesgerichte. Das wiederum wird die über 85 Prozent der erst- und zweitinstanzlichen Gerichte, die zugunsten von Meta entschieden und Klagen abgewiesen haben, in ihrer bisherigen Rechtsprechung bestärken. Meta fühlt sich durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs bestätigt, das für den 11. November 2024 terminierte Verfahren als Leitverfahren im Rahmen des neuen Leitentscheidungsgesetzes zu bestimmen. Dies bedeutet, dass der Bundesgerichtshof den Land- und Oberlandesgerichten eine Orientierung geben kann, selbst wenn der Kläger seine Revision noch zurücknimmt. Dies ist ein wichtiger erster Schritt, den Belastungen der Justiz durch Masseverfahren Rechnung zu tragen. Meta war bereit, bei der zuvor für Oktober angesetzten mündlichen Verhandlung zu erscheinen und begrüßt die Möglichkeit, ihre Position bei dem Termin am 11. November zu verteidigen. Meta ist außerdem davon überzeugt, dass die Scraping-Klagen unbegründet sind. Über 6.000 Klagen wurden inzwischen abgewiesen.

Selbst wenn der Bundesgerichtshof in einigen Fällen immateriellen Schadenersatz für möglich halten sollte, dürften die Prozesskosten der Kläger den Betrag eines etwaigen Schadenersatzes immer noch weit übersteigen.

Die in Deutschland anhängigen Scraping-Klagen haben die Justiz enorm belastet. Sie haben erhebliche Kosten für die Rechtsschutzversicherer und in vielen Fällen auch für die Kläger verursacht, ohne dass sich daraus ein Nutzen für die Verbraucher ergeben hätte, deren Klagen sowohl in der ersten Instanz als auch von den Oberlandesgerichten überwiegend in vollem Umfang abgewiesen worden sind. Die bevorstehende Entscheidung des Bundesgerichtshofs dürfte Klarheit darüber schaffen, ob die Klagen überhaupt hätten erhoben werden sollen.

* Oberlandesgericht München, Hinweisbeschluss vom 14. September 2023, Az. 14 U 3190/23 e; Oberlandesgericht Oldenburg, Hinweisbeschluss vom 4. Dezember 2023, Az. 13 U 43/23; Oberlandesgericht Dresden, Urteil vom 5. Dezember 2023, Az. 4 U 1094/23; Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 7. Dezember 2023, Az. 15 U 108/23; Oberlandesgericht München, Zurückweisungsbeschluss vom 19. Dezember 2023, Az. 14 U 3359/23 e; Oberlandesgericht Hamm, Zurückweisungsbeschluss vom 21. Dezember 2023, Az. I-7 U 137/23; Oberlandesgericht Hamm, Zurückweisungsbeschluss, Az. I-7 U 104/23; Oberlandesgericht Dresden, Urteil vom 23. Januar 2024, Az. 4 U 1313/23; Oberlandesgericht München, Hinweisbeschluss vom 23. Januar 2024, Az. 27 U 3696/23 e; Oberlandesgericht Oldenburg, Hinweisbeschluss vom 31. Januar 2024, Az. 13 U 44/23; Oberlandesgericht Hamm, Zurückweisungsbeschluss vom 6. Februar 2024, Az. I-7 U 147/23; Oberlandesgericht München, Hinweisbeschluss vom 11. März 2024, Az. 21 U 2766/23 e; Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 19. März 2024, Az. 13 U 30/23; Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 20. März, Az. 4 U 100/23; Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 4. April, Az. 5 U 31/23; Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 3. Mai 2024, Az. 5 U 72/32; Oberlandesgericht Bamberg, Urteil vom 5. Juni 2024, Az. 8 U 19/23e; Oberlandesgericht Thüringen, Urteil vom 27. Mai 2024, Az. 3 U 585/23; Oberlandesgericht Bamberg, Urteil vom 4. Juni 2024, Az. 21 U 137/23.