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Briefing

Equal Pay Day in Deutschland – Künftig auch auf Unter­nehmens­ebene?

Wie können sich Unter­nehmen schon jetzt auf die neuen Vorgaben unter der EU-Entgelt­transparenz­richtlinie vorbereiten?

Am 6. März 2024 ist Equal Pay Day. Dieses Datum markiert den symbolischen Tag, bis zu dem Frauen aufgrund der geschlechts­spezifischen Lohnlücke („Gender Pay Gap“) in Deutschland statistisch gesehen unbezahlt arbeiten, während Männer bereits ab Jahres­beginn Vergütung erhalten. Der unbereinigte Gender Pay Gap, welcher der Berechnung des Equal Pay Day zugrunde liegt, wird als Differenz zwischen den durch­schnittlichen Brutto­stunden­verdiensten von Frauen und Männern in Prozent des durch­schnittlichen Brutto­stunden­verdiensts männlicher Arbeitnehmer definiert. Diese Lohnlücke wird jedoch pauschal ermittelt und enthält daher auch Verdienst­unterschiede, die beispielsweise auf die Ausübung unterschiedlich bezahlter Berufe, unterschiedliche Karriere­level oder Qualifikationen von Frauen und Männern zurück­zuführen sind. Es werden im Grundsatz (bis auf wenige Ausnahmen) auch alle Wirtschafts­bereiche und Unternehmens­größen in die Berechnung einbezogen. Der unbereinigte Gender Pay Gap betrug nach den Angaben des Statistischen Bundesamtes 2023 (vom 18. Januar 2024) in Deutschland nun im vierten Jahr in Folge 18 Prozent. Das entspricht umgerechnet einer Zahl von 66 Tagen.

Der bereinigte Gender Pay Gap lag nach Angaben des Statistischen Bundesamtes für 2023 bei 6 %. Hierbei wurde jener Teil des Verdienst­unterschieds herausgerechnet, der auf strukturelle Unterschiede zwischen den Geschlechtern zurückzuführen ist, wie Unterschiede im Hinblick auf Beruf, Branche, Beschäftigungs­umfang, Qualifikation oder Karrierelevel. Aber auch der vom Statistischen Bundesamt ermittelte bereinigte Gender Pay Gap bedeutet nicht, dass dem danach verbleibenden Verdienst­unterschied stets eine ungerechtfertigte Entgelt­diskriminierung zugrunde liegt. Denn auch bei diesem Wert werden nicht alle entgelt­relevanten Einfluss­faktoren berücksichtigt, da bei der Erhebung nicht zu allen Einfluss­faktoren die entsprechenden Informationen zur Verfügung stehen.

Der EU-Gesetzgeber verfolgt nun das Ziel, mittels gesteigerter Transparenz­vorgaben für Unternehmen geschlechts­bezogene Entgelt­differenzen und geschlechts­spezifische Entgelt­diskriminierung innerhalb von Organisationen  aufzudecken. Am 10. Mai 2023 wurde zu diesem Zweck die sog. Entgelt­transparenz­richtlinie1 (EU) 2023/970 („EntgTranspRL“ bzw. die „Richtlinie“) verabschiedet. Die Richtlinie ist bis zum 7. Juni 2026 in nationales Recht umzusetzen. Bis zum 7. Juni 2027 werden (zumindest) Unternehmen mit mindestens 150 Arbeitnehmern der Richtlinie zufolge erstmals  unternehmens­bezogene Gender Pay Gap Daten zu berichten haben, die auch veröffentlicht werden. Daraus werden sich dann künftig theoretisch auch unternehmens­bezogene Equal Pay Days ermitteln lassen. Es bleibt abzuwarten, ob und inwiefern sich die Höhe des Gender Pay Gap infolge der Richtlinien­umsetzung reduziert und der Equal Pay Day in Zukunft früher im Kalenderjahr angesiedelt werden oder gar ganz verschwinden kann. Das dürfte jedoch mit Blick auf die Umsetzungsfrist Zukunftsmusik sein. Dennoch enthält die Richtlinie weitreichende Vorschriften, die Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen stellen können. Arbeitgebern ist daher zu empfehlen, sich bereits jetzt mit den neuen Vorgaben auseinanderzusetzen:

1. Pflicht zur Einführung geschlechts­neutraler Vergütungs­strukturen und Stellen­bewertungs­systeme

Unternehmen müssen nach der Richtlinie Vergütungs­strukturen auf Basis objektiver, geschlechts­neutraler und ggf. mit Arbeit­nehmer­vertretern – wenn es solche gibt – vereinbarter Kriterien aufweisen, die es ermöglichen, geschlechts­neutral zu beurteilen, ob sich Arbeitnehmer im Hinblick auf den Wert der Arbeit in einer vergleichbaren Situation befinden. Die Vergütungs­strukturen sollten also einen Vergleich des Wertes unter­schiedlicher Aufgaben innerhalb derselben Organisations­struktur ermöglichen (Erwägungsgrund 26 EntgTranspRL). Die Kriterien müssen dabei zwingend  Kompetenzen, Belastungen, Verantwortung und Arbeits­bedingungen umfassen, und daneben ggf. etwaige weitere Faktoren, die für den konkreten Arbeitsplatz bzw. die konkrete Position relevant sind. Soziale Kompetenzen dürfen dabei nicht unterbewertet werden (Art. 3 Abs. 1 lit. h, Art. 4 Abs. 4 EntgTranspRL) und sollten daher zumindest als Subfaktor in die Stellenbewertung einfließen.

Auf der Grundlage der vorgenannten unternehmens­spezifisch festgelegten Kriterien sind Gruppen von Arbeitnehmern zu definieren, die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten und in die die Arbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber ggf. in Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmer­vertretern – wenn solche vorhanden sind – einzuteilen sind (Art. 3 Abs. 1 h), Art. 4 Abs. 4 EntgTranspRL).

Die Vergütungs­strukturen sollen auf diese Weise gewährleisten, dass es keine geschlechts­spezifischen Entgelt­unterschiede zwischen Arbeit­nehmerinnen und Arbeit­nehmern gibt, die gleiche oder gleichwertige Arbeit leisten, die nicht durch objektive, geschlechts­neutrale Kriterien gerechtfertigt sind. Eine Rechtfertigung von Entgelt­unterschieden zwischen den Geschlechtern bleibt möglich – beispielsweise auf der Grundlage des Dienstalters oder (geschlechts­neutral bewerteter) individueller Performance.

Zwar werden die Mitglied­staaten in der Richtlinie dazu aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass Instrumente oder Methoden zur Analyse als Unterstützung und Orientierung bei Stellen­bewertungen im Einklang mit den Richtlinien­vorgaben verfügbar gemacht werden. Dennoch sollten Unternehmen hierauf nicht warten, sondern die Zeit bis zur Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht nutzen, um im Rahmen von Pay Audits die eigenen Vergütungs­systeme und die Gruppen­bildung zu überprüfen und bei Bedarf nachzubessern. Unternehmen, die noch keine Stellen­bewertungs­systeme verwenden, können ggf. auf Bewertungs­leitlinien der Union in Bezug auf Systeme zur geschlechts­neutralen Arbeits­bewertung zurückgreifen.

2. Entgelt­transparenz für Bewerber

Künftig haben Bewerber – ähnlich wie bereits nach aktueller Rechtslage in Österreich – Anspruch auf Informationen über das Einstiegsentgelt oder dessen Spanne auf der Grundlage objektiver, geschlechts­neutraler Kriterien für die betreffende Stelle sowie gegebenenfalls über die einschlägigen Bestimmungen eines angewandten Tarifvertrags (Art. 5 Abs. 1 EntgTranspRL). Der Arbeitgeber hat die Informationen unaufgefordert in einer Weise zu erteilen, die eine informierte und transparente Verhandlung über das Entgelt gewährleistet – entweder direkt in der veröffentlichten Stellen­ausschreibung, vor dem Vorstellungs­gespräch oder in anderer Weise vor Abschluss eines Arbeitsvertrags (Art. 5 Abs. 1, Erwägungsgrund 32 EntgTranspRL).

Arbeitgeber müssen weiterhin sicherstellen, dass Stellen­ausschreibungen und Stellen­bezeichnungen geschlechtsneutral sind und Einstellungs­prozesse in nicht-diskriminierender Weise durchgeführt werden (Art. 5 Abs. 3 EntgTranspRL). Die Richtlinie sieht zudem vor, dass Unternehmen Bewerber nicht mehr nach ihrem aktuellen Entgelt oder der bisherigen Entgelt­entwicklung in ihrem derzeitigen oder einem früheren Arbeits­verhältnis befragen oder proaktiv Informationen darüber einholen dürfen (Art. 5 Abs. 1, Erwägungsgrund 33 EntgTranspRL). Eine Frage nach den Gehalts­vorstellungen des Bewerbers dürfte unseres Erachtens aber nach der Richtlinie weiterhin zulässig bleiben.

3. Transparenz im laufenden Arbeits­verhältnis

Nach der Richtlinie müssen Arbeitgeber künftig Informationen betreffend die Kriterien zur Festlegung des Entgelts, der Entgelthöhen und der Entgelt­entwicklung leicht zugänglich zur Verfügung stellen (Art. 6 EntgTranspRL). Kriterien für die Entgelt­entwicklung können unter anderem individuelle Leistung, Kompetenz­entwicklung und Dienstalter sein (Erwägungsgrund 35 der EntgTranspRL). Die Mitgliedstaaten können allerdings kleine Arbeitgeber mit weniger als 50 Arbeitnehmern von der Informations­pflicht bezüglich der Kriterien für die Entgelt­entwicklung ausnehmen und ggf. gestatten, die entsprechenden Kriterien nur auf Antrag der Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen (Erwägungsgrund 35 der EntgTranspRL).

4. Individueller Auskunfts­anspruch

Die Richtlinie bestimmt ferner, dass Arbeitnehmer Auskunft verlangen können über ihre individuelle Entgelthöhe und – aufgeschlüsselt nach Geschlecht – über die durchschnittlichen Entgelthöhen (nicht nur über das Medianentgelt) für die Gruppe von Arbeitnehmern, die gleiche oder gleichwertige Arbeit wie sie selbst verrichten (Art. 7 Abs. 1 EntgTranspRL). Den Auskunfts­anspruch haben Arbeitgeber innerhalb einer angemessenen Frist von höchstens zwei Monaten ab dem Zeitpunkt der Antragsstellung in schriftlicher Form zu erfüllen. Zudem müssen Arbeitgeber jährlich alle Arbeitnehmer über das Auskunftsrecht und über die Schritte, die Arbeitnehmer unternehmen müssen, um dieses Recht wahrzunehmen, informieren (Art. 7 Abs. 3 EntgTranspRL). Der Auskunfts­anspruch unterliegt nach der Richtlinie keinem Schwellenwert – weder in Bezug auf die Gesamtanzahl der Arbeitnehmer noch hinsichtlich der individuellen Vergleichsgruppe. Um eine Offenlegung des Entgelts eines bestimmbaren Arbeitnehmers zu vermeiden, können die Mitgliedstaaten allerdings regeln, dass nur die Arbeitnehmer­vertreter, die Arbeits­aufsichts­behörde oder die Gleich­behandlungs­stelle Zugang zu den betreffenden Informationen erhalten und den auskunfts­begehrenden Arbeitnehmer ohne Offenlegung der tatsächlichen Entgelthöhen einzelner Arbeitnehmer beraten sollen (Art. 12 Abs. 3 EntgTranspRL).

5. Unzulässigkeit entgelt­bezogener Verschwiegenheits­klauseln

Nach der Richtlinie dürfen Arbeitnehmer nicht daran gehindert werden, ihr Entgelt offen zu legen, um den Grundsatz des gleichen Entgelts durchzusetzen (Art. 7 Abs. 5 EntgTranspRL). Die Mitgliedstaaten müssen insbesondere Maßnahmen ergreifen, um Vertragsklauseln zu verbieten, die darauf abzielen, die Arbeitnehmer an der Offenlegung von Informationen über ihr Entgelt zu hindern. Arbeitgeber können aber weiterhin verlangen, dass ein Arbeitnehmer Entgelt­informationen, die nicht sein eigenes Entgelt oder seine eigene Entgelthöhe betreffen, nicht zu einem anderen Zweck als zur Geltendmachung des Equal Pay Anspruchs verwenden darf. Darauf sollte künftig bei der Vertrags­gestaltung besonders geachtet werden (Art. 7 Abs. 6 EngTranspRL).

6. Entgelt­transparenz­bericht

Auf Arbeitgeber mit mindestens 100 Arbeitnehmern kommen nach Umsetzung der Richtlinie umfangreiche Berichtspflichten zu. Folgende Informationen müssen in einem Entgelt­transparenz­bericht zur Verfügung gestellt werden: Angaben zum (i) geschlechts­spezifischen Entgelt­gefälle („Gender Pay Gap“) innerhalb der Organisation (gemeint sein dürfte das Unternehmen als Rechtsträger) insgesamt, (ii) Gender Pay Gap bei ergänzenden oder variablen Bestandteilen, (iii) Median Gender Pay Gap, (iv) Median Gender Pay Gap bei ergänzenden oder variablen Bestandteilen, (v) Anteil der Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer, die ergänzende oder variable Bestandteile erhalten, (vi) Anteil der Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer in jedem Entgeltquartil und (vii) Gender Pay Gap zwischen Arbeitnehmern bei Gruppen von Arbeitnehmern, aufgeschlüsselt nach normalem Grundlohn oder -gehalt sowie nach ergänzenden oder variablen Bestandteilen (Art. 9 EntgTranspRL). Die arbeit­nehmer­gruppen­spezifische Angabe bezieht sich auf eine Gruppe von Arbeitnehmern, die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten und die auf nicht willkürliche Weise auf der Grundlage nicht­diskriminierender und objektiver geschlechts­neutraler Kriterien nach Maßgabe eines richtlinien­konformen Stellen­bewertungs­systems von ihrem Arbeitgeber (gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmer­vertretern) entsprechend eingruppiert wurden (s.o. unter 1.).

Die vorgenannten Informationen sind, falls die Mitglied­staaten die Berichtspflicht nicht an sich gezogen haben (Art. 9 Abs. 8 EntgTranspRL), allen Arbeitnehmern und Arbeitnehmer­vertretern zur Verfügung zu stellen und der speziell designierten Überwachungs­stelle zu übermitteln, die diese (mit Ausnahme der arbeit­nehmer­gruppen­bezogenen Gender Pay Gap Angaben unter vii) in einfach zugänglicher und benutzer­freundlicher Weise zu veröffentlichen hat, um einen Vergleich zwischen Arbeitgebern, Sektoren und Regionen des betreffenden Mitgliedstaats zu ermöglichen (Art. 29 Abs. 3 c EntgTranspRL). Informationen zum Gender Pay Gap auf Unternehmens­ebene werden also in Zukunft publik sein.

Zeitpunkt und Häufigkeit der Bericht­erstattung sind je nach Arbeitnehmer­zahl unterschiedlich geregelt: Arbeitgeber mit 150 oder mehr Arbeitnehmern haben erstmals bis zum 7. Juni 2027 und ab dann bei 250 oder mehr Arbeitnehmern jährlich bzw. bei 150 bis 249 Arbeitnehmern alle drei Jahre in Bezug auf das jeweils vorangehende Kalenderjahr zu berichten. Arbeitgeber mit 100 bis 149 Arbeitnehmern haben erstmals bis zum 7. Juni 2031 und danach alle drei Jahre in Bezug auf das jeweils vorangehende Kalenderjahr zu berichten. Die Mitgliedstaaten können auch von Arbeitgebern mit weniger als 100 Arbeitnehmern verlangen, Informationen über das Entgelt vorzulegen.

Eine in Teilen vergleichbare Berichts­pflicht besteht nach der Richtlinie (EU) 2022/2464 hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive, „CSRD“) und den Europäischen Standards für die Nachhaltigkeits­bericht­erstattung (European Sustainability Reporting Standards, „ESRS“, Anhang 1 zur Delegierten Verordnung (EU) 2023/2772 der Kommission vom 31. Juli 2023). Auch danach hat das Unternehmen unter anderem das prozentuale Verdienst­gefälle zwischen seinen weiblichen und männlichen Beschäftigten, d.h. die Differenz zwischen dem Durchschnitts­einkommen von weiblichen und männlichen Beschäftigten, ausgedrückt als Prozentsatz des Durchschnitts­einkommens männlicher Beschäftigter, anzugeben (Angabepflicht S1-16 – Vergütungs­parameter (Verdienst­unterschiede und Gesamt­vergütung), Absatz 95, 97 lit. a ESRS).

7. Gemeinsame Entgelt­bewertung mit den Arbeitnehmer­vertretern

Wenn die Berichterstattung ergibt, dass ein Unterschied in Höhe von mindestens fünf Prozent bei der durchschnittlichen Entgelthöhe zwischen den Geschlechtern innerhalb mindestens einer Arbeitnehmer­gruppe besteht und der Arbeitgeber diesen Unterschied nicht objektiv rechtfertigen kann oder innerhalb von sechs Monaten nach Abgabe des Entgelt­transparenz­berichts korrigiert, muss er zusammen mit den Arbeitnehmer­vertretern eine gemeinsame Entgeltbewertung vornehmen (Art. 10 EntgTranspRL). Entgelt­unterschiede könnten beispielsweise durch (geschlechts­neutral bewertete) individuelle Leistung und/oder Dienstalter gerechtfertigt sein. Bei einem entsprechenden Entgeltgefälle von mindestens fünf Prozent in mindestens einer Arbeitnehmer­gruppe sollten – sofern es keine Arbeitnehmer­vertreter gibt –  von den Arbeitnehmern Arbeitnehmer­vertreter für diese Zwecke benannt werden, die dann mit dem Arbeitgeber eine entsprechende gemeinsame Entgeltbewertung durchführen können (Erwägungsgrund 43 der EntgTranspRL).

8. Beweis­erleichterungen und gerichtliche Durchsetzung

Zusätzlich zu dem in Art. 16 EntgTranspRL geregelten Schadensersatz- bzw. Entschädigungs­anspruch sieht die Richtlinie Beweis­erleichterungen für die Arbeit­nehmer bis hin zu einer Beweislastumkehr zur Geltend­machung von geschlechts­spezifischer Entgelt­diskriminierung vor (Art. 18 Abs. 1 und Abs. 2 EntgTranspRL). Diese betreffen vor allem das Vorliegen einer Entgelt­diskriminierung sowie die Tatsache, dass gleiche oder gleichwertige Arbeit vorliegt. Verbände, Organisationen, Gleich­behandlungs­stellen und Arbeitnehmer­vertreter oder andere juristische Personen, die ein berechtigtes Interesse an der Gewährleistung der Gleichstellung von Männern und Frauen haben, sollen Arbeitnehmer bei gerichtlichen Verfahren unterstützen oder diese sogar für Arbeitnehmer – ggf. auch für mehrere Arbeitnehmer in Form von Sammelklagen – führen können (Erwägungsgrund 48 und Art. 15 der EntgTranspRL).

9. Sanktionen

Die Mitgliedstaaten müssen darüber hinaus Regeln für wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen für Verstöße gegen die mit dem Grundsatz des gleichen Entgelts verbundenen Rechte und Pflichten festlegen (Art. 23 EntgTranspRL). Die Sanktionen sollen eine abschreckende Wirkung gewährleisten, wie etwa durch Geldstrafen oder Bußgelder, die sich nach den Erwägungs­gründen der Richtlinie beispielsweise am Brutto­jahres­umsatz oder der Gesamt­entgelt­summe des Arbeitgebers orientieren können.

10. Was können Unternehmen bereits jetzt in Vorbereitung auf das neue Recht tun?

Aufgrund der Vorgaben der Richtlinie sind vor allem folgende Vorbereitungs­maßnahmen empfehlenswert:

  • Einrichtung eines Datensystems zur Sammlung vergütungsbezogener Daten aller Arbeitnehmer des Unternehmens, das einen Vergleich der Vergütung von Arbeitnehmern sowie innerhalb von Arbeitnehmer­gruppen mit gleichwertiger Arbeit und das Generieren der Daten für den Entgelt­transparenz­bericht ermöglicht.
  • Überprüfung vorhandener Stellen­bewertungs­systeme auf Richtlinien­konformität: Werden die vier Mindest­kriterien und auch Sozial­kompetenzen (ggf. als Subfaktor) berücksichtigt?
  • Definition von Arbeitnehmer­gruppen, die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten.
  • Prüfung, ob derzeit Unterschiede in Höhe von mindestens fünf Prozent der durch­schnittlichen Entgelthöhe zwischen den Geschlechtern innerhalb mindestens einer Arbeitnehmer­gruppe mit gleichwertiger Arbeit bestehen.
  • Können etwaige geschlechts­spezifische Entgelt­differenzen innerhalb einer Gruppe von Arbeitnehmern mit gleichwertiger Arbeit durch objektive, geschlechts­neutrale Faktoren gerechtfertigt werden?
  • Überprüfung der Bewerber­prozesse und Stellen­ausschreibungen.
  • Erstellen eines Informations­dokuments zum Stellen­bewertungs- und Entgelt­entwicklungs­system.
  • Rechtliche Prüfung etwaiger vertraglicher Verschwiegenheits­klauseln.



1Richtlinie (EU) 2023/970 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Mai 2023 zur Stärkung der Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durch Entgelt­transparenz und Durch­setzungs­mechanismen